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LandKULT Leseprobe Heft 1/2013
Lebenswege
Christoph Philipp Oberkampf
Vom hohenlohischen Wiesenbach nach Paris / Frankreich
Eine Metrostation und eine
Straße in Paris tragen den Namen
eines weltweit berühmten Wiesen-
bachers. Christoph Philipp Ober-
kampf revolutionierte mit seinem
Erfindergeist den französischen
Stoffdruck. Vielleicht glauben die
Pariser bis heute, dass C.P. aus
Weissenbach in Bayern stammte?
Ein digitalisierter Normal 8 Film,
eine Begegnung mit dem Ehepaar
Blumenstock und ein Besuch im
Oberkampf-Gedächnisraum
in
Wiesenbach machten uns neugie-
rig. Wer war Ch. P. Oberkampf?
Aus den weitreichenden Recher-
chen entstand dann diese Lebens-
wege-Geschichte mit allen berufli-
chen Stationen.
Christoph Philipp Oberkampf
erblickt am 11. Juni 1738 in Wiesen-
bach das Licht der Welt. Er ist der
Sohn des Färbers Christoph Jakob
Oberkampf.
Seine Eltern hatten kurz vor ihrer
Eheschließung im Jahre 1734 das
Gebäude Nr. 79, heute steht dort das
Pfarrhaus, gekauft und eine Färberei
mit Mangstube eingerichtet. Schon
der Urgroßvater unseres Christoph
Philipp war Schönfärber in Vaihingen/
Enz. Dort wurde auch sein Vater
geboren. 1741 verkaufte Christoph
Jakob das Anwesen an seinen Bruder
Stephan, der ebenfalls Färber war, und
zog nach Brettenfeld. Dort hatte er von
Müller Hannß Jorg Tremel (Barten-
mühle) einen geräumigen Platz „für
benöthigte Walck und anhangende
Öhlstanz“ erworben.
Christoph Jakob scheint ein Mann
von etwas unruhiger Natur gewesen
zu sein. Denn bereits 1744 ist sein
neuer Standort Heilbronn am Neckar.
Weitere Stationen waren dann Adel-
mannsfelden, wo er mindestens von
November 1745 bis Mai 1746 in
einer Färberei arbeitete. Von Adel-
mannsfelden zog die Familie 1752
nach Bale bei Lörrach, wo er bei der
Firma Rihyer arbeitete. Hier lernt
der 12-jährige Christoph Philipp als
„Streicherbub“ die ersten Handgriffe
des Handwerks.
Der Vater eröffnete im April 1752
in Lörrach eine eigene Stoffdruckerei,
die er jedoch aufgrund von Geld-
mangel noch im gleichen Jahr wieder
aufgeben musste. Aus dieser Stoff-
druckerei entstand über eine ganze
Reihe von Besitzwechseln später die
weltberühmte Manufaktur Koechling,
Baumgartner & Cie.
Die Familie Oberkampf zog nun in
die Schweiz nach Schaffisheim und
schließlich nach Aarau. Von dort ver-
lässt Christoph Philipp als 19-jähriger
das elterliche Haus und arbeitet als
Graveur in Mühlhausen. Schon nach
einem halben Jahr wird er in den elter-
lichen Betrieb zurückbeordert, um
seinem Bruder Stephan das Gravieren
beizubringen.
Dann werden in Paris Leute für
ein neues Färberei- und Druckge-
schäft gesucht. Christoph Philipp und
sein Bruder Friedrich Stephan fangen
dort im Oktober 1758 an. Christoph
Philipp vervollkommnet seine Fähig-
keiten im Färben, Gravieren und Dru-
cken. Viele Nachtstunden opfert er
für seine Versuche. In dieser Firma
beweist er neben seinem Können auch
Charakterfestigkeit: Er weigert sich,
an Arbeiten mit „unechten“ Farben
mitzumachen, um Kosten zu sparen.
Als dann keine Löhne mehr gezahlt
werden können, arbeitet er trotzdem
noch mehrere Monate ohne
Bezahlung weiter, weil er sich auf
ein Jahr verpflichtet hatte.
1760 legt Christoph Philipp den
Grundstein für eine eigene Fabrik. In
Jouy bei Versilles mietet er eine Bret-
terhütte. Die Hütte war so klein, dass
er den Kessel im Freien aufstellen
musste. Die Platte des Drucktisches
war gleichzeitig sein Nachtlager.
Mehr konnte er sich zunächst nicht
leisten. In einem Tapetengeschäft in
Paris durfte er seine ersten Produkte,
Stücke bedruckten Kattuns, ausstellen
und anbieten. Diese waren schnell ver-
kauft. Bald konnte er gar nicht schnell
genug nachliefern.
1769 kaufte Christoph Philipp
seinem ebenfalls in Wiesenbach gebo-
renen jüngeren Bruder Friedrich Ste-
phan, der bis dahin bei ihm gearbeitet
hatte, eine Manufaktur in Corbeil.
Den letztlichen Durchbruch löste
eine Hofdame aus: Sie hatte ihm ein
schadhaftes Kleid von „persischem
Zeug“ gebracht. Oberkampf fertigte
ihr einen Stoff, der den persischen
an Schönheit noch übertraf. Von
da an wollten die Damen bei Hof
keine anderen als die Kattunkleider
von Jouy haben. Königin Marie
Wiesenbach
Oberkampf an der Hand des Vaters
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